Neuerscheinung: Medien der Macht und des Entscheidens. Herausgegeben von Jan Marco Sawilla und Rudolf Schlögl
25. November 2014
Schrift und Druck im politischen Raum der europäischen Vormoderne (14.–17. Jahrhundert)
unter Mitarbeit von Patrick Oelze und Eva Wiebel
Hannover: Wehrhahn 2014
(The Formation of Europe – Historische Formationen Europas, 5)
Zitation
Die kaum durch Restriktionen gebremste Verbreitung des Schriftgebrauchs und der Drucktechnik in den westeuropäischen Gesellschaften des Spätmittelalters und der beginnenden Frühen Neuzeit ist eine universalhistorische Besonderheit. In zehn Beiträgen werden in diesem Band die Folgen der Nutzung von Schrift und Druck zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert untersucht.
Obwohl der Schriftgebrauch in die grundlegende Mündlichkeit der Vergesellschaftung unter Anwesenden eingebunden blieb, veränderte er Strukturen der Sinnbildung, Wissenszirkulation und damit auch Zeitverhältnisse grundlegend. Die Drucktechnik intensivierte diese Transformationen nochmals und zog immer weitere Bereiche der Gesellschaft in sie ein. Für soziale Strukturbildung war eine der wichtigsten Konsequenzen des Schriftgebrauchs, dass durch organisationsförmig gestaltete Institutionen und durch Netzwerke ein enormer Zuwachs an sozialer Komplexität möglich wurde, der eine starke Beschleunigung sozialer Entwicklungen hervorrief. Das ist insbesondere in der politischen Gestaltung der Gesellschaft zu greifen.
Durch organisiertes und verfahrensmäßiges Entscheiden und durch die schriftbasierte Verfügbarkeit von Informationen und Wissensbeständen entfernte sich Herrschaft von ihrer Grundlage der stets aktualisierbaren Gewaltfähigkeit und wurde zur Kommunikation von Entscheidungen allgemeiner Verbindlichkeit. Diese „Verstaatlichung von Herrschaft“ war Teil einer neuen Translokalität des Sozialen, das damit auch aus der Präsenzgebundenheit der Mündlichkeit herauswuchs, so dass Gesellschaft im modernen Verständnis überhaupt erst möglich wurde. (Verlag)
Der Historiker Dr. Jan Marco Sawilla lehrt und forscht an der Universität Konstanz.
Prof. Dr. Rudolf Schlögl lehrt Neuere Geschichte an der Universität Konstanz. Er ist seit 2006 Sprecher des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“.